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NEUIGKEITEN ZU VERSCHIEDENEN RECHTSTHEMEN

Vertiefen Sie Ihr Wissen – Im Folgendem haben wir für Sie aktuelle Rechtsprechungen zu verschiedenen Themengebieten zusammengestellt. Die hier getroffene, subjektive Auswahl von gerichtlichen Entscheidungen soll einen Überblick geben und ersetzt keine qualifizierte Beratung. Als Ihre Anwälte beantworten wir Ihnen jederzeit gerne Ihre Fragen und erläutern Ihnen mehr zu Ihrem individuellen Fall.

Baurecht: grundsätzlich kein Kostenvorschuss vor Abnahme

Der Kostenvorschuss ist ein zentrales Instrument im deutschen Baurecht, um Bauherren vor den finanziellen Folgen mangelhafter Bauleistungen zu schützen. Wenn ein Unternehmer die vereinbarte Leistung nicht mangelfrei erbringt, kann der Besteller nach dem Gesetz verlangen, dass er die voraussichtlich notwendigen Kosten für die Mängelbeseitigung vorab erhält. Der Vorschuss ermöglicht es, ein anderes Unternehmen mit der Nachbesserung zu beauftragen, ohne selbst in Vorleistung treten zu müssen.

Gesetzliche Grundlage

Die rechtliche Grundlage findet sich in § 637 Abs. 3 BGB. Der Vorschuss ist Teil der Mängelrechte des § 634 BGB und setzt in der Regel voraus, dass der Unternehmer zuvor erfolglos zur Nacherfüllung aufgefordert wurde. Eine Fristsetzung ist entbehrlich, wenn der Unternehmer die Beseitigung verweigert, die Nacherfüllung fehlgeschlagen ist oder sie dem Besteller unzumutbar ist. Der Kostenvorschuss tritt also erst ein, wenn der Unternehmer seine Pflicht zur Mängelbeseitigung nicht erfüllt hat.

Bedeutung der Abnahme

Die Abnahme gemäß § 640 BGB ist die entscheidende Zäsur im Werkvertragsrecht. Erst mit ihr entstehen die Mängelrechte, zu denen auch der Kostenvorschuss gehört (BGH, Urteile vom 19.01.20217 – VII ZR 301/13 und VII ZR 235/15). Vor der Abnahme kann der Besteller lediglich die Fertigstellung eines mangelfreien Werkes verlangen, also die Erfüllung des ursprünglichen Vertrages. Eine Abnahme kann ausdrücklich erklärt werden, stillschweigend erfolgen oder durch Abnahmefiktion eintreten, wenn der Unternehmer eine Abnahmefrist setzt und der Besteller sie nicht unter Angabe von Mängeln verweigert. Mit der Abnahme endet das Erfüllungsverhältnis des Vertrages und das Abrechnungsverhältnis beginnt. Mit der Abnahme wird der Werklohn fällig, § 641 BGB. Die Verjährung beginnt zu laufen, § 634a Abs. 2 BGB. Und die Beweislast hinsichtlich der Mangelfreiheit der Werkleistung geht vom Bauherren und auf den Unternehmer über.

Ausnahmefälle

Ein Kostenvorschuss ist vor der Abnahme nur in Ausnahmefällen möglich. Dies gilt, wenn das Vertragsverhältnis in ein Abrechnungsverhältnis übergegangen ist. Ein solches entsteht, wenn der Bauherr klarstellt, dass er keine Leistungen des Unternehmers mehr annehmen will. Der Bundesgerichtshof hat betont, dass hierfür eine eindeutige Erklärung notwendig ist; allein das Verlangen eines Vorschusses reicht nicht aus. Allein die Geltendmachung eines Kostenvorschusses reicht hierfür nicht aus (BGH, a.a.O.; OLG München, Urteil vom 22.03.2022 – 28 U 3194/21). Das Landgericht Osnabrück hatte im Januar 2025 in einem umfangreichen Bauverfahren noch geäußert, dass es dies anders sehen würde. Auf entsprechende Gegendarstellung durch Herrn Rechtsanwalt Gerloff ist es von dieser Sichtweise abgerückt (LG Osnabrück, Hinweisverfügung vom 14.04.2025 – 4 O 2611/23).

Höhe und Verwendung

Die Höhe des Kostenvorschusses bestimmt sich nach den voraussichtlich erforderlichen Kosten einer ordnungsgemäßen Mängelbeseitigung. Dazu zählen nicht nur Handwerkerkosten, sondern auch Nebenkosten wie Material, Gerüst, Entsorgung oder die Einschaltung eines Sachverständigen. Um die Höhe zu belegen, sollten Kostenvoranschläge oder Gutachten eingeholt werden. Der Vorschuss ist zweckgebunden und muss für die Mängelbeseitigung eingesetzt werden; überschüssige Beträge sind zurückzuzahlen.

Verhältnis zu anderen Mängelrechten

Nach aktueller Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 22.08.2024 – VII ZR 68/22) kann der Besteller den Kostenvorschuss auch verlangen, wenn er zusätzlich den Werklohn mindert. Damit können Bauherren ihre Ansprüche umfassend durchsetzen und sich sowohl finanziell absichern als auch die Mängelbeseitigung sicherstellen.

Praktisches Vorgehen

Für Bauherren empfiehlt sich folgendes Vorgehen:

  • Mängel dokumentieren (Fotos, Protokolle, Zeugen).
  • fachanwaltliche Beratung und Vertretung in Anspruch nehmen

Fazit

Der Kostenvorschuss im Baurecht gibt Bauherren die Möglichkeit, Mängel effektiv und ohne Vorfinanzierung zu beseitigen. Voraussetzung ist in der Regel die Abnahme des Werkes. Nur in Ausnahmefällen, wenn das Vertragsverhältnis endgültig beendet ist, kann der Anspruch bereits vorher geltend gemacht werden. Wer hier Fehler macht, riskiert den Verlust seiner Mängelrechte allein aufgrund rechtlicher Erwägungen, ohne dass es auf die Mängel an sich ankommen würde.

Herr Rechtsanwalt Nils Gerloff, Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht berät und vertritt Sie gerne, um Ihre Ansprüche effektiv und vollumfassend durchzusetzen.